Was Feminismus wirklich bedeutet


Passend zum Weltfrauentag am 8. März wird wieder einmal über die Gleichberechtigung von Frauen und Männern diskutiert. Nach wie vor gibt es viele Missstände, vor allem aber Missverständnisse, wenn es um das Thema Feminismus geht. Das aktuelle Beispiel dazu lieferte die bekennende Feministin Emma Watson. Diese ließ sich vor kurzem für das Magazin Vanity Fair oben ohne ablichten – und sorgte damit für einen weltweiten Aufschrei. Unzählige warfen Watson Heuchelei vor. Als „wahre“ Feministin könne sie sich schließlich nicht so präsentieren. Das zeigt jedoch nur, dass viele immer noch nicht verstanden haben, worum es im Feminismus eigentlich geht.

„Im Feminismus geht es darum, Frauen eine Wahl zu geben. Feminismus ist kein Stock, mit dem man andere Frauen schlagen kann. Es geht um Freiheit, um Befreiung und um Gleichberechtigung. Ich weiß wirklich nicht, was meine Titten damit zu tun haben, es ist sehr verwirrend“, meinte Emma Watson, UN-Sonderbotschafterin für Frauen- und Menschenrechte, als sie mit den Vorwürfen konfrontiert wurde.

»Feminismus ist kein Stock, mit dem man andere Frauen schlagen kann.«

Definiert wird Feminismus als eine politische Bewegung, die für Gleichberechtigung, Menschenwürde und die Selbstbestimmung von Frauen eintritt. Ziel ist, einen Wandel der Geschlechterverhältnisse herbeizuführen und so eine Gesellschaftsstruktur zu schaffen, in der Frauen Männern ebenbürtig sind. Johanna Dohnal, die erste Frauenministerin Österreichs, beschrieb die Anliegen der Bewegung folgendermaßen: „Die Vision des Feminismus ist nicht eine weibliche Zukunft. Es ist eine menschliche Zukunft. Ohne Rollenzwänge und Machtverhältnisse.“

Doch der Begriff „Feminismus“ ist unbeliebt. Das hat auch Emma Watson erkannt. In ihrer ersten Rede als UN-Botschafterin rief sie deshalb dazu auf, Feminismus nicht mit Männerhass gleichzusetzen. Das Problem liegt allerdings nicht darin, Feminismus mit etwas anderem zu verwechseln, sondern die Fülle seiner Bedeutungen erfassen zu können. Und das ist nicht ganz so einfach. Denn der Terminus umfasst viele Strömungen, Theorien und Ansätze, die sich teilweise sogar widersprechen. Während einige Feministinnen davon ausgehen, dass es nun einmal grundsätzliche wesensmäßige Verschiedenheiten der Geschlechter gibt, plädieren andere wiederum für eine gänzliche Aufhebung der Geschlechter. Diese seien lediglich gesellschaftliche Konstruktionen. Die biologische Kategorie „Geschlecht“ gibt es nicht.

Folglich kann der Feminismus auch niemals als Ganzes kritisiert werden, sondern lediglich in seinen Teilaspekten. Grundsätzlich gilt aber: Wer für die Gleichberechtigung der Geschlechter ist, ist Feminist.

Auf der Feminismus-Welle

Die Geschichte des Feminismus als Weltanschauung reicht über 200 Jahre zurück. Zu den ersten zentralen Forderungen und Errungenschaften zählten die Einführung des Frauenwahlrechts sowie der offene Zugang zu Universitäten und allen Berufen für Frauen. Nach den Weltkriegen verebbten die feministischen Bestrebungen jedoch. Man wollte, dass sich alles wieder „normalisierte“, die traditionellen Geschlechterrollen sollten wiederhergestellt werden. Frauen, die während des Krieges auf sich alleine gestellt waren und gezwungenermaßen sehr wohl „männliche“ Tätigkeiten übernommen haben, mussten nun wieder zurück an den Herd. Dort blieben sie bis zu den 1960er und 70er Jahren – der Zeit der „zweiten Welle“ des Feminismus. Dann begannen sie sich wieder aktiv für ihre Rechte einzusetzen. Sie forderten Selbstbestimmung. Selbstbestimmung über ihr Leben, aber auch über ihren Körper. Weibliche Sexualität wurde zu einem zentralen Thema. Ebenso die Emanzipation von vorgeschriebenen Lebensläufen und Rollenbildern.

Echte Männer sind Feministen

Während der Autor Max Funke 1910 noch in Frage stellte, ob Frauen denn überhaupt Menschen sind, setzen sich heutzutage auch viele Männer für die Gleichberechtigung von Frauen ein und bezeichnen sich selbst stolz als Feministen. Allen voran Schauspieler wie Ryan Gosling oder Benedict Cumberbatch. Letzterer posierte sogar in einem T-Shirt mit dem Spruch „So sehen Feministen aus“. Daniel Radcliffe unterstützte seine ehemalige Schauspielkollegin Watson bei ihrer Kampagne „HeForShe“ (zu Deutsch: ErFürSie), die Männer und Jungen ermutigen will, sich gegen Ungleichheiten stark zu machen. Laut Watson gehe es dabei nicht nur um die Stärkung Frauenrechte, sondern vielmehr darum, geschlechterspezifischen Vorurteilen zu begegnen und starre Strukturen aufzubrechen. Eine Gleichstellung von Mann und Frau könne deshalb auch Männern mehr Freiheit bieten.

Hat der Feminismus ausgedient?

Doch braucht es heutzutage überhaupt noch so etwas wie den Weltfrauentag und Feminismus? Frauen und Männer sind doch nahezu gesetzlich völlig gleichgestellt, seit fast 100 Jahren gibt es das Wahlrecht für Frauen und seit fast 50 Jahren das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Zumindest in Österreich. Dennoch fiel laut dem Gleichstellungsbericht des Weltwirtschaftsforums Österreich ganze 15 Plätze zurück. Von 136 Ländern belegte die Alpenrepublik lediglich den 52. Platz. 2013 war es noch der 19. Besonders negativ taten sich die großen Unterschiede im Lohn von Frauen und Männern hervor. Heuer mussten Frauen bis zum 4. März arbeiten, bis sie das gleiche Einkommen erzielt haben, das Männer bereits mit Vorjahresende erreicht hatten. Somit bildet Österreich eines der Schlusslichter in der Gender Pay Gap Statistik der Europäischen Union. An viertletzter Stelle liegt Österreich bei einer anderen Studie, die den Anteil der weiblichen Führungskräfte in europäischen Unternehmen analysierte. Schafft es eine Frau dennoch in eine Führungsposition, so verdient sie durchschnittlich 23,4 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Geht es in dem Tempo weiter, würde es hierzulande noch 170 Jahre dauern, bis Frauen die gleichen Chancen haben wie Männer. Dank Feministinnen und Feministen besteht jedoch die Chance, dass es keine 170 Weltfrauentage mehr braucht, bis dieser endlich in „Weltmenschentag“ unbenannt wird.

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