Es ist schon faszinierend. Während der Schwangerschaft haben zig Leute das Bedürfnis, deinen Körper zu kommentieren.
Kaum hast du ein Baby, fühlen sich alle bemüßigt, dir ungefragt Ratschläge zu servieren. Unendlich. Viele. Ratschläge – oder besser: Fast schon Befehle. “Du musst Stillen – ausschließlich.” “Hier kannst du nicht stillen.” “Das Baby muss in der ersten Zeit bei euch im Bett liegen, das schafft eine enge Bindung.” “Du musst möglichst lange bei deinem Kind bleiben.” “Schau’, dass du ganz schnell wieder zu arbeiten beginnst.”
Wir unterbrechen die Geräuschkulisse kurz und verraten dir, bei welchen dieser Ratschlägen du mit einem freundlichen Lächeln sofort auf Durchzug schalten kannst. (Übrigens: Wir haben kein Problem damit, wenn du uns auch ignorierst. Du bist eine Mama. Du weißt am besten, was für dich gut ist.)
Ratschlag 1: “Probier’ es weiterhin – irgendwann klappt das Stillen bestimmt!”
Stillen ist toll. Die gesündeste Ernährung fürs Baby, es stärkt die Bindung. Aber leider wird auch Druck auf Mütter ausgeübt. Es gibt Frauen, die können nicht stillen. Andere haben dabei Schmerzen, empfinden es als unangenehm. Ihnen immer wieder zu suggerieren, dass Stillen der einzige Weg ist, seinem Baby eine gute Mutter zu sein, stürzt diese Frauen in nackte Verzweiflung. Sie fühlen sich defekt, ungenügend. Haltet euch bitte vor Augen: Stillen hat Vorteile. Aber sie definieren dich nicht als Mutter. Versprochen.
Ratschlag 2: “Schlaf’, wenn das Baby schläft”
Wann genau? In der Zeit, in der du endlich in die Dusche hüpfen könntest? oder dir schnell ein Essen zwischen die Zähne schieben solltest? Selbst wenn du in den letzten 48 Stunden alle 45 Minuten geweckt wurdest, ist es nicht möglich, deinen REM-Zyklus so einzupendeln, dass deine Augen just in der Sekunde zufallen, in der Klein Leo endlich wegmümmelt. Dazu kommt, dass es neben Baby und Schlaf leider auch noch ein paar andere Dinge gibt, die erledigt werden müssen. Wenn also jemand meint, mit diesem Ratschlag den Heiligen Gral von Schlummerland gefunden zu haben: Dreimal kurz gelacht.
Ratschlag 3: “Tritt’ einer Mütter-Gruppe bei”
Versteh’ uns nicht falsch: Es kann ganz wunderbar sein, sich mit anderen Müttern zu treffen, wenn im Freundeskreis noch keine Mamas sind. Aber es ist eben nix für jederfrau. Manche von uns haben einfach keine Lust, nur Baby-Talk zu machen und einen neuen Freundeskreis aufzubauen, dessen wichtigstes Bindemittel Windeln sind. Kinder zu haben ist kein Kriterium für eine Freundschaft. Wenn du keine Lust auf Still-Gruppen und ähnliches hast: Triff’ weiterhin deine BFF, die vielleicht ein Gin Tonic statt des Smoothies kippt. Oder die Arbeitskollegin, die dich über die Gerüchteküche aus dem Büro am laufenden hält. Glaub’ uns: Eine geistige Pause vom Baby-Alltag kann ganz schön erfrischend sein.
Ratschlag 4: “Genieße jede Minute! Es geht so schnell vorbei…”
Dieser gut gemeinte Ratschlag ist für manche von uns … nun: Nicht ganz zutreffend. Eventuell trauerst du ab und an deinem alten, selbstbestimmten Leben nach (ja – und es ist total OKAY!), du hast tiefe Ränder unter den Augen, weil dir der Schlaf abgeht, du bekommst Panik, wenn dein Baby Schluckauf hat (“Erstickt es?”) oder weißt gar nicht mehr, wann du das letzte Mal deine Haare gewaschen hast? Genuss fühlt sich anders an. Und ehrlich gesagt: “Es geht schnell vorbei…” trifft auch nicht ganz zu, wenn man bereits das gesamte Werk von Eric Carle vorgelesen hat – und es ist erst 11 Uhr.
Ratschlag 5: “Koche deine eigene Babynahrung – es ist super gesund und super-einfach!”
Zunächst einmal schlenderst du bitte gemütlich zum Bauernmarkt und wählst dort den perfekten Bio-Winterkürbis, schröpfst zuhause die Samen aus, hackst und kochst das Fleisch, emulgierst es im neuen dreiteilgen Dampfgarer-Set für Babynahrung und frierst die Reste fein säuberlich in kleinen Portionen ein? Gibt es eine schönere Art, wie man seinen Nachmittag verbringen kann? Aus genau diesem Grund wurde Babynahrung in Gläschen erfunden. Wenn du mal Zeit hast, um selbst für den Zwerg zu kochen: Top! Daumen hoch. Aber lass’ dich nicht in den Wettbewerb zwingen, dass du nur eine perfekte Mutter bist, wenn du alles selber schaffst.