Tanja Mairhofer hat im Leben schon viel gemacht. Sie war Schauspielerin, Fernsehmoderatorin, hat eine Ausbildung als Yogalehrerin, zieht eine Tochter groß und ist nun auch Buchautorin. Trotzdem ist sie keine, die getrieben ist. Und ihr Leben ist auch nicht glamourös und perfekt. Im Talk mit WOMAN gibt sie ganz offen zu, dass ihre Wohnung “gemütlich aber etwas angeranzt” ist und sie lieber Netflix schaut als an ihrem sexy Beachbody arbeitet. In ihrem aktuellen und saulustigen Buch “Schluss mit Muss” beschreibt die 40-Jährige, wie ein “Mir-doch-egal”-Lebensstil aussieht, in dem man halt einmal nicht putzt und trotzdem ein geregeltes Leben führt.
WOMAN: Liebe Tanja, du nennst dein neues Buch einen Antiratgeber. Wie soll man das verstehen?
Tanja Mairhofer: Nicht immer hinhören, wenn Leute einem erklären wollen, wie man zu sein hat. Tschüss, Perfektionismus – hallo Selbstakzeptanz! Ich gebe über 200 Seiten lang zu, dass ich bei Gott nicht immer alles richtig mache, auch mal scheitere und dass das alles so sein darf. In diesem Buch gehe ich in sämtliche Lebensbereiche und hinterfrage dabei so einiges.
WOMAN: In deinem Buch schreibst du, dass ein perfekter Haushalt ein Zeichen für ein verschwendetes Leben ist. Im Chaos leben ist aber auch mühsam… Wo liegt der Mittelweg?
Tanja Mairhofer: Das stimmt, sich durchs Chaos zu wurschteln hält mega auf. Bei mir sieht es tatsächlich immer relativ aufgeräumt aus. Gemütlich, meist etwas angeranzt, aber nie richtig ekelig und trotzdem gaaaanz weit weg von perfekt. Ich hab gegen das Chaos einen guten Trick: Weniger haben! Vor ein paar Jahren habe ich angefangen radikal auszumisten, statt 15 Paar Sonnenbrillen habe ich nur mehr zwei. Statt zehn Paar Schuhe mit hohen Absätzen, habe tatsächlich nur noch eins. Voll praktisch und voll schnell aufgeräumt, die hohen Hacken.
WOMAN: Würdest du dich selbst denn als faul bezeichnen?
Tanja Mairhofer: JA und NEIN. Ich setze Prioritäten und da gehört Fensterputzen nun mal nicht dazu. Ganz oben auf der Prio-Liste steht aber vielleicht mal, dass ich dringend irgendeine Serien-Staffel auf Netflix am Stück sehen muss und dann bin ich faul, nach allen Regeln der Kunst. Und wenn ich mich dann ausgefaulenzt habe, mache ich auch wieder was. Zum Beispiel ein Buch schreiben mit echten Seiten. Gut, gell?!
Durch die Recherche zu diesem Buch habe ich gelernt, dass die meisten da draußen auch nicht besser sind. 98,5 % aller Studenten schieben auf, d.h. prokrastinieren. Und ich hab’s erfunden!
WOMAN: Wie sieht es mit Sport aus? Wie wichtig ist es im Leben sportlich zu sein?
Tanja Mairhofer: Ich möchte nicht behaupten, dass ich ausschließlich auf der Couch liege, meine Jogginghosen ausbeule und auf RTL2 Frauentausch gucken. Kann/Sollte man eine Zeit lang machen, aber auf Dauer ist das etwas uninspirierend. Natürlich möchte ich mich am Leben beteiligen und es spricht nichts gegen einen gesunden Lebensstil. Gar nichts. Ich mache Sport und ernähre mich gesund, möchte mich aber nicht verrückt machen lassen. Wenn ich mal einen Monat nix mache und zum Mäci geh – auch ok, kommt schon wieder anders.
WOMAN: Das Thema Körpergewicht und Figur wird in deinem Buch ebenfalls behandelt. Welche persönlichen Erfahrungen hast du damit gemacht?
Tanja Mairhofer: Ich habe nicht den Anspruch, wie ein Victoria’s-Secret-Engel auszusehen, der gerade drei Tage vor der Show noch ein Baby zur Welt gebracht hat und die Pfunde mit drei Spinatblättern und einigen Liter Evian wieder weggekriegt hat. Wie gesagt, schaue ich trotzdem auf mich und mache Sport, aber wenn sich mein Körper außerhalb dieser überschaubaren Anstrengungen verformt, so möge die Macht mit ihm sein. Hauptsache g’sund. Unter uns: ich schiebe einen unübersehbaren Wohlstandsranzen vor mir her und ganz ehrlich: ich mag den! Weil er mich daran erinnert, dass er meine wundervolle Tochter beherbergt hat, und mir auch gezeigt hat, wozu mein Körper imstande ist. Schluss damit, dass wir ständig daran arbeiten, wie irgendjemand anderes auszusehen hat. Aus einem Mops kann man keinen Windhund machen.
WOMAN: Wie lange brauchst du morgens im Bad?
Tanja Mairhofer: Ohne Schmäh: inkl. Haare waschen, schminken, anziehen…20 Minuten Maximum. BÄM! Ich benutze mittlerweile so wenige Produkte, dass das ratz-fatz geht. Sehe Null verlottert aus und hab auch keine gelben Zähne.
WOMAN: Denkst du dass Instagram & Co. auch mit Schuld daran sind, dass wir immer perfekt sein wollen/müssen?
Tanja Mairhofer: ABER SO ETWAS VON! Ich liebe den Spruch: „May your life someday be as awesome as you pretend it is on Facebook“ (zu Deutsch: “Möge dein Leben eines Tages so toll sein, wie du vorgibst, dass es auf Facebook ist”) . Wenn ich es gerade wirklich schön habe, habe ich nicht das Bedürfnis meine Social-Media-Plattformen mit Content zu versorgen, daher werfe ich jetzt mal ganz wild die Theorie in den Raum, dass die Leute, die einem ständig unter die Nase reiben wollen, wie glamourös und perfekt ihr Leben ist, ganz schön viel vermissen. Aufmerksamkeit zum Beispiel. Und trotzdem schaffen sie es, dass andere dadurch neidisch werden und sich weniger gut fühlen. Kann euch bei mir nicht passieren. Mein Instagram-Account schaut aus, wie ein durchgenudelter Fleckerlteppich aus den 70er-Jahren. Würde sagen: That’s me!
WOMAN: Innerlich denkt man ja eh immer: Ach, mach dir keinen Stress! Aber irgendwie ist man dann doch gestresst und hat Angst, dass man etwas nicht gut genug macht. Hast du dafür ein Geheimrezept?
Tanja Mairhofer: Scheitern, immer wieder scheitern! Habe dabei gelernt, dass so vieles nicht so wichtig ist und die Welt auch nicht untergeht, wenn man etwas vermasselt. Das hat mich etwas gnädiger im Umgang mit mir selbst gemacht.
WOMAN: „Verschiebe nicht auf morgen, was du heute kannst besorgen“ – Was hältst du von diesem Sprichwort?
Tanja Mairhofer: Gar nicht so blöd, wenn die jeweilige Sache wirklich, wirklich wichtig ist. Zum Beispiel ein gutes Buch zu lesen oder ein Eis zu essen. Nur vieles ist Gott sei Dank nicht so wichtig und kann getrost auf den St. Nimmerleinstag terminiert werden.
WOMAN: Gibt es denn überhaupt Leute, denen solche Themen völlig am A**** vorbei gehen? Und wie schaffen die das?
Tanja Mairhofer: Ich kenne schon ein paar Leute, die sind viel zu cool für diese Welt. Der 80-jährige Vater einer guten Freundin zum Beispiel. Habe mit dem über Ostern stundenlang geredet und mir gedacht, warum ist er jetzt eigentlich kein Lifestyle-Coach von Weltruf? Auch die Verkäuferin vom Grillhendl-Stand bei uns ums Eck – super drauf und unverschämt cool. Meist sind die wirklich Guten älter und machen nix mit Medien. Ich glaube, dass die deshalb so gut drauf sind, weil die immer schön Abstand halten zu all der Hektik und dem Gerangel.
WOMAN: Wie hat sich dein Leben verändert, seit du mit Muss Schluss gemacht hast?
Tanja Mairhofer: Ich mache nicht jeden Schmarrn mit, habe die Anforderungen an mich stark runter gedrosselt und lasse mich nicht mehr so schnell blenden. Bin aber sonst die gleiche Chaotin, wie davor, mit dem kleinen Unterschied, dass ich das jetzt mal so lasse und die Welt damit klar kommen soll.
WOMAN: Wer sollte dein Buch lesen?
Tanja Mairhofer: Frauen zwischen 25 und 65. Tatsächlich eine sehr große Zielgruppe, aber so alt fühle ich mich auch, je nach Tagesverfassung und ich denke auch, dass ich in diesem Spektrum einige Damen ansprechen werde. Das Thema ist ja durchaus universell.
Das Buch “Schluss mit Muss – Warum du alles falsch machst, wenn du alles richtig machen willst” von Tanja Mairhofer ist ab jetzt für 14,99 beim SZ Verlag erhältlich.